Gasthaus „Zum Löwen“
Sperrstunde
Historische Romane können Geschichte erlebbar machen. Ein Beispiel ist „Nikel Güldenschlag, Roman eines Kirchheimbolander Stadtknechts“ im Spätmittelalter. Darin findet sich eine Wirtshausszene, die so oder ähnlich auch im „Löwen“ denkbar gewesen sein mag:
Nikel Güldenschlag war ein zuverlässiger Mann. Er schimpfte zwar, zeitweise wenigstens, über seine Vorgesetzten: den Aktuarius Banfried Zeller, über den Amtmann Faust von Stromberg und über die gräflichen Herren von Nassau-Saarbrücken, die augenblicklichen Herren von Kirchheim – er schimpfte über alles und jedermann, aber er tat seine Pflicht als Stadtknecht.
Und das hieß, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, insbesondere beim Anbruch der Nacht. So kam er auf seinem Weg zum zweitenmal an Haloff Binkerts Wirtshaus vorbei und weil da ein großer Radau zu hören war, klopfte er mit seiner Hellebarde die Stiege hinauf und schaute in die Bierstube, in der es heute abend gar ungewöhnlich laut herging.
Der dicke Binkert machte stechende Augen, als Nikel eintrat; denn dieser war ein Gast, dem er am liebsten auf den Buckel sah, weil er immer bereit war, die Stube auszukehren, wenn ein fröhlicher Zechbruder im Übermut seinem Saufkumpan den Bidenhänder auf den Schädel schlug.
Und gar heute konnte man den groben Gesellen schon gar nicht brauchen; heute war fremd fahrend Volk hier und das ließ dann immer mehr Gulden springen als die Einheimischen die ganze Woche über.
„Ist die Wache um, Nikel?“ fragte Binkert so freundlich, wie er es in seinem Zorn zuwege brachte, und Nikel nickte.
An dem großen langen Tisch saß ein vierschrötiger Kerl in blanker Rüstung und fuchtelte dem neben ihm sitzenden Herrn Aktuarius Zeller mit seinen großen Fäusten vor der Nase herum. „Gottes Donner, Herr Aktuarius! Sauft ihr nur ruhig Euern Saueramper hier in Kirchheim, aber ihr kennt den Schwarzen nit so wie ich. Der ist ein Luder! Was sag ich? – Ein Satan ist er, ein wilder, so euch die Nas aus dem Gesicht beißt, eh ihr das Kreuz machen könnt.“
„Herr Ritter, das sein üble Späß! Ließ sich der Aktuarius vernehmen. Ihr seid hier im Leuthaus beherbergt auf Weisung des Herrn Amtmannes, alldieweil die Herrn Philipp und Johann nach ihrer Burg Tannenfels geritten sind und euch deshalb auf dem Schloß Herberg und Atzung geboten werden können. Aber ihr seid gut aufgehoben allhie bei Haloff Binkert.“
Mit den „Herrn Philipp und Johann“ sind im Übrigen die Grafen Philipp II. und Johann von Nassau-Saarbrücken gemeint, die 1429 die gemeinsame Regierung über die Herrschaft Kirchheimbolanden antraten. Und „Tannenfels“ ist die mittelalterliche Bezeichnung für Dannenfels.


Revolutionsszenerie
Im Mai und in den beiden ersten Juniwochen 1849 war Kirchheimbolanden voll von Freischärlern. Galt es doch, die neue Verfassung, die in der Frankfurter Paulskirche für „ganz Deutschland“ verabschiedet worden war, auch durchzusetzen.
Denn nicht nur der preußische und der bayerische König waren dagegen. Noch aber sitzt ein Freischärler an der Treppenmauer bei seiner Brotzeit mit Weck, Worscht un Woi.
Am 14. Juni kommt es dann jedoch zum Ernstfall. Preußische Truppen stehen im Kirchheimbolander Schlossgarten einer Gruppe von Freischärlern gegenüber. Eine Freischärlerin schwenkt die schwarz- rot-goldene Fahne.
Dr. Edeltraud Sießl [Standort 29] hat damit die ganze Dramatik der Ereignisse von 1849 zum Ausdruck gebracht.
Mehr über diese Wochen in Kirchheimbolanden bieten das Museum im Stadtpalais [Standort 28] und die Freischaren-Stadt-Tour [Standorte 46-60].

