Skip to content
Touristeninformation: +49 (0) 63 52 – 75 04 777

Druckerei Thieme

Carl Thieme

In den 1830er und 40er Jahren in der Pfalz eine Zeitung herauszugeben, war insbesonders in den politisch unruhigen Zeiten des Hambacher Festes 1832 und der Revolution 1848/49 nicht unproblematisch. Sollte man eher auf der Seite der bestehenden monarchischen Ordnung stehen oder stärker den Freiheitsgedanken publizistisch unterstützen?

Carl Thieme (1800-1848), der 1826 die Redaktion und den Druck des sechs Jahre vorher von Johann Philipp Hahn begründeten „Kirchheimbolander Wochenblattes“ übernommen hatte, ergab sich die Entscheidung allein schon daraus, dass er Mitglied der „Liberalen Parthey“ war. Außerdem gehörte er dem „Preßverein“ an. Das hatte dann 1832 eine Anklage wegen revolutionärer Umtriebe zur Folge. Das Verfahren wurde jedoch eingestellt.

In den nun folgenden eineinhalb Jahrzehnten galt Thiemes Arbeit dann ganz dem „Wochenblatt“. Ab 1841 erschien es „für Kirchheimbolanden und Grünstadt“ und von 1846 an mit zwei Ausgaben pro Woche (dienstags und freitags).

Ausgesprochen politisch richtete Thieme die Zeitung dann 1848 aus. Die nun auch in Kirchheimbolanden einsetzende „Revolutionierung“ forcierte die Berichterstattung im „Wochenblatt“ – wie umgekehrt. Thieme wurde damit zu einem der wesentlichsten politischen Akteure in Kirchheimbolanden. Das ging jedoch auf Kosten seiner Gesundheit. Er starb im August 1848.

Das „Wochenblatt“ war damit aber nicht in seinem Bestand gefährdet. Thiemes Witwe Wilhelmine führte es in seinem Sinne fort.

Das Thiemesche „Wochenblatt“ 1848

Die revolutionäre Welle hat das „Wochenblatt für Kirchheimbolanden und Grünstadt“ bereits im März 1848 aufgenommen. So war am 10. März ganz im Geist der allgemeinen „Märzforderungen“ zu lesen:

Und in der folgenden Ausgabe berichtet das „Wochenblatt“:

Es sind aber nicht nur konkrete politische Freiheitsrechte, die thematisiert werden. Ebenso dringlich stellen sich gravierende soziale Fragen:

Der hier genannte „Antrag“ ging von dem Abgeordneten Wilhelm Heinrich Riehl aus, der die Verfassungserarbeitung als nicht zügig genug kritisierte, was in Kirchheimbolanden ebenso gesehen wurde:

Das Thiemesche „Wochenblatt“ 1849

Dokumentiert der „Wochenblatt“-Jahrgang 1848 vor allem die einigkeits- und rechts- und freiheitskonzeptionellen Diskussionen in Kirchheimbolanden und vermittelt damit ein lokales Bild des allgemeine Revolutionsgangs in Deutschland, so ändert sich die Situation ab dem Frühjahr 1849 grundlegend.

Zunächst werden aber erst einmal die in der Deutschen Nationalversammlung beschlossenen Grundrechte verkündet. In den „Wochenblatt“ Nummern 2 bis 4 wird der 50 Paragraphen umfassende Grundrechtskatalog bekannt gemacht.

Am 23. Januar 1849 berichtete das „Wochenblatt“ dann über eine gewichtige Änderung in der Herausgabe der Zeitung: als verantwortlicher Redakteur fungiert nun der Schriftsetzer Friedrich Heinrich Rochotte.

In der Nationalversammlung lief derweil die Entwicklung zur konstitutionellen Monarchie. Am 27. März 1849 wurde die dementsprechende Verfassung beschlossen. Monarchisches Oberhaupt sollte der preußische König werden.

Das „Wochenblatt“ meldete daraufhin am 6. April:

Damit war aber zugleich das Reichsverfassungwerk als Ganzes gefährdet. Denn u.a. der König von Bayern lehnte die Konstitution ab. Im Rheinland, in Hannover, Württemberg, Baden und der Pfalz kam es nun zu Aufständen mit dem Ziel, die Verfassung bewaffnet durchzusetzen. Die Organisation in der Pfalz übernahm der „Landesverteidigungsausschuss“ in Kaiserslautern. Sein Name ergab sich daraus, dass man die Verfassung militärisch „verteidigen“ wollte. Staatliche Gegenmaßnahmen waren also zu erwarten.
Das „Wochenblatt“ dokumentierte die Folge:

Damit brach in Kirchheimbolanden zugleich abrupt das Revolutionsgeschehen zusammen. Von jetzt an galt das Narrativ von der durch Insurgentenbanden gestörten öffentlichen Ordnung und der dadurch notwendig gewordenen Revision des „monarchischen Prinzips“.

Unterordnung bestimmte nun wieder die journalistische Sprache. Ein neues Pressegesetz setzte den Rahmen. Es stellte die Behandlung der bestehenden Regierungsform mit Spott und Verachtung unter Strafe. Die Zeitung musste also in ihren Äußerungen größte Vorsicht walten lassen.

Die Berichterstattung im „Wochenblatt“ 1849 veranschaulicht damit alle drei Revolutionsphasen des Jahres: die einigkeits- und rechts- und freiheitskonzeptionelle „Vollendung“, den militärischen Versuch, die Verfassung zu „retten“ und schließlich die obrigkeitsstaatlich-restaurative „Antwort“.