Hotel “Zur Traube”
Vorstadt
Die barocke Kirchheimbolander Vorstadt reichte vom Vorstadtturm [Standort 01] bis zur heutigen Edenborner Straße. Ansässig waren hier im 18. Jahrhundert in geschlossenen zweistöckigen Häuserreihen vor allem Handwerker wie Hafner, Sattler, Schreiner Schuhmacher, Seiler, Spengler, aber auch Versorgungsbetriebe, vor allem Bäcker, Krämer und Metzger; dazu bestanden hier vier Gastwirtschaften.
Im folgenden 19. Jahrhundert wandelte sich das Bild nur langsam, im 20. Jahrhundert dann aber rapid. Heute wird die Vorstadt von einem baulich und funktional typischen Fußgängerzonen-Spektrum einer mittelzentralen Geschäftswelt mit dem Trend zur Tertiärisierung geprägt.
Dieser strukturelle Umbau vollzog sich vor allem in den 1960/70er Jahren. Dabei wurde auch das “Hotel zur Traube” zu einem Geschäftshaus umgestaltet. Die bis dahin im Straßenbild hervorstechende Backsteinfassade stammte von 1895.
Im frühen 19. Jahrhundert bestand hier eine Gastwirtschaft mit alten Kastanienbäumen, in der im Mai 1803 Ludwig Uhland mit zwei Reisebegleitern einkehrte, „als gerade die hübsche Schwester der Wirtin Miesel verstorben war“.
Ob das den gerade 16jährigen Uhland zu seinem später vielgerühmten Rhein-Gedicht angeregt hat?
Es zogen drei Burschen wohl über den Rhein,
bei einer Frau Wirtin, da kehrten sie ein.
„Frau Wirtin, hat Sie gut Bier und Wein?
Wo hat sie ihr schönes Töchterlein?“
„Mein Bier und Wein ist frisch und klar,
mein Töchterlein liegt auf der Totenbahr.“
Und als sie traten zur Kammer hinein,
da liegt sie in einem schwarzen Schrein.
Der erste, der schlug den Schleier zurück
und schaute sie an mit traurigem Blick:
„Ach lebest du noch, du schöne Maid!
ich würde dich lieben von dieser Zeit.“
Der zweite deckte den Schleier zu
und kehrte sich ab und weinte dazu:
„Ach, dass du liegst auf der Totenbahr!
Ich hab dich geliebet so manches Jahr.“
Der dritte hub ihn wieder sogleich
und küsste sie auf den Mund so bleich:
„Dich liebt‘ ich immer, dich liebt‘ ich noch heut
und werde dich lieben in Ewigkeit.“


„Es zogen drei Burschen wohl über den Rhein“
Ludwig Uhland (1787-1862), in Tübingen geborener Dichter und Literaturforscher, hat ein umfangreiches poetisches und wissenschaftliches Gesamtwerkt geschaffen. Eine erste Ausgabe seiner Gedichte erfolgte 1815. Er wurde damit einer der Hauptvertreter der jüngeren Romantik.
Beispielhaft ist dabei das Gedicht „Es zogen drei Burschen wohl über den Rhein.“ In fünf Strophen zu je vier vierhebig gereimten Versen verfasst, entspricht es ganz der Volksliedform, weshalb es auch von Friedrich Silcher (1796-1860) und Johann Gottfried Loewe (1796-1869) vertont wurde. Seine Verbreitung förderte ganz wesentlich die Aufnahme in das „Allgemeine Deutsche Kommersbuch“ (Sammlung studentischer Lieder). Seine schließliche Popularisierung war vor allem dem im 19. Jahrhundert aufkommenden rheinischen Tourismusboom zu verdanken.
Es zogen drei Burschen wohl über den Rhein
Deutsches Volkslied gesungen von Hermann Prey
https://www.youtube.com/watch?v=MPPC2Q565Ds
Dauer: 3,01 Minuten
Zur zusätzlichen Verbreitung trugen zudem um 1900 erschienene Fotopostkarten-Serien bei.
