Amtsschreiberei

„Gute Ordnung“

Das 18. Jahrhundert war eine Zeit des „Wachstums der Staatsgewalt“. Das hatte eine beständige Ausweitung des Verwaltungswesens zur Folge. Denn, so in der Sprache der Zeit: Der Fürst soll das Beßte seines Staates aus allen Kräften befördern – deshalb ist der Staat verpflichtet, den Fürsten zu erhalten.

Amtsschreibereien wurden dadurch zur maßgeblichen Mittelbehörde zwischen Regierung (Fürst) und den Städten und Dörfern der Amtsbezirke. Die Amtsschreiberei in Kirchheimbolanden war dabei für die gute Ordnung in der Residenzstadt und 23 Dörfer im Bereich des heutigen östlichen Donnersbergkreises zuständig.

Georg von Neumayer

Admiralitätsrat Prof. Dr. Georg von Neumayer (1826-1909), geboren in der Amtsstraße 27-29, geadelt 1900, hat wie kein anderer deutscher Geowissenschaftler im 19. Jahrhundert auf den Gebieten Geografie, Mechanische Erdphysik, Himmelskunde, Meereskunde, Meteorologie und Ozeanschifffahrt gleichermaßen gewirkt. Schwer-punktmäßige Arbeitsräume waren dabei v.a. Australien, die Meere und die Antarktis.

In Australien ist er nach seinem Münchner Studium (Physik, Mathematik, Astronomie und verwandte Naturwissenschaften) sowie einer Steuermannsausbildung in Hamburg vor allem über erdmagnetische und meteorologische Fragen tätig gewesen. Die Meere waren sein Thema insbesondere als Gründer und Leiter der Deutschen Seewarte (heute Bundesanstalt für Seeschifffahrt und Hydrographie) in Hamburg. Und die Antarktisforschung hat er in zahlreichen, auch internationalen Veröffentlichungen (besonders „Auf zum Südpol“, 1901) und in Kongressbeiträgen grundgelegt.

Entsprechend vielfältig sind die Würdigungen seines wissenschaftlichen Arbeitens. Dazu gehört auch 1981 die Benennung der deutschen Forschungsstation in der Antarktis als „Georg von Neumayer-Station“.

Ehrenbürgerwürden erhielt er in Kirchheimbolanden, Frankenthal und Neustadt. Zudem erinnert seine Geburtsstadt auch heute gleich mehrfach an ihn: mit einer Gedenktafel an seinem Geburtshaus, weiterhin der Neumayerstraße, der Georg von Neumayer-Schule, dem Neumayer-Preis des Nordpfalzgymnasiums und einer Neumayer-Abteilung im Museum im Stadtpalais [Standort 28].

Carl Philipp und Theodor Seyler

Die Amtsstraße 27/29 ist auch eng mit der Familie Seyler verbunden.

Carl Philipp Seyler (1800-61), Bruder des in der Revolution von 1848/49 Bürgerwehr-Obristen Georg Kaspar Seyler [Standort 57], war einer der Pioniere der Industrialisierung in Kirchheimbolanden. 1833 erbaute er ein Gerberhaus an der Haider Straße. In der Gewerbezählung 1888 rangierte die in zwischen in zweiter Generation betriebene Gerberei unter den sieben „Fabriken und gewerblichen Anlagen“ mit 13 Beschäftigen auf dem fünften Rang.

Das weitere Wachstum des bis 1956 bestehenden Betriebes brachte Karl Theodor Seyler (1870-1955), Enkel des Gerbereigründers, sogar den Ehrentitel eines Kommerzienrates ein. Eine solche Würdigung konnten in Bayern bis 1928 „verdiente Persönlichkeiten der Wirtschaft“ erhalten.